Einigkeit und Recht und Ordnung – E-Government in Deutschland

Deutschlands Weg zu einer digitalen Regierung wird lang und steinig. Beschritten wurde er bisher höchstens zaghaft.

Na? Schon die Steuererklärung gemacht? Falls nicht, viel Spaß bei der Entscheidung, wie viele Urlaubstage dafür eingeplant werden müssen oder ob doch vielleicht ein oder zwei Wochenenden ausreichen. Ein bisschen polemisch, zugegeben. Tatsache ist aber auch, dass Deutschland seit jeher für seine Bürokratie bekannt ist. Und das sehr selten im Positiven.

Sei es die Steuererklärung, die Überweisung beim Arzt, sämtliche Ummeldungen oder vergleichbare Verwaltungstätigkeiten: der Weg zum „Amt“ wird meistens mit hängendem Kopf angetreten und frisst sehr viel Zeit. Abhilfe scheint nicht in Sicht zu sein. Kürzlich konnte man lesen, dass die Bundesagentur für Arbeit ihr neues IT-Projekt Robaso stoppen musste. Dieses hatte zwar 60 Millionen Euro gekostet, alltagstauglich war es leider trotzdem nicht. Mario Barth überlegt bereits händeringend, wie er hier den Bezug zu seiner Freundin herstellen kann.

So bleibt nun beim Arbeitsamt alles beim Alten. Das ist erstmal schade, scheint die Deutschen aber nicht wirklich zu überraschen. Das Vertrauen in eine „elektronische Regierung“ ist hier nämlich im internationalen Vergleich nach wie vor sehr gering. Da es keine Hinweise darauf gibt, dass Deutschland der Technik ablehnender gegenübersteht als andere Länder, muss die Erklärung woanders liegen.

Den elektronischen Personalausweis z.B. gibt es nämlich seit 2010. Genutzt wird sein digitales Angebot allerdings eher selten. Ein wichtiger Grund dafür sind wohl die immer wieder aufkommenden Sicherheitsbedenken, die vor allem durch vermeintlich anfällige Lesegeräte befeuert werden. Richtig ist aber auch, dass darüberhinaus offenbar kein gesteigertes Interesse an einem elektronischen Ausweis besteht. Die Vorteile scheinen nicht klar genug kommuniziert zu werden und die überwiegend negativen Erfahrungs- und Testberichte tun ihr übriges. Die Bürger, die die Möglichkeiten des E-Governments in Deutschland nutzen, sind häufig unzufrieden mit der Nutzung und kritisieren Aufbau und Verständlichkeit des Angebots. Denn klar ist: nur wenn E-Government eine massive Vereinfachung für seine Nutzer darstellt, stellt es einen tatsächlichen Mehrwert dar.

Dass die digitale Regierung funktionieren kann, zeigt das Beispiel Estland. Das kleine, baltische Land ist weltweit Vorreiter im Bereich der elektronischen Verwaltung. Hier erfreut sich der elektronische Ausweis riesiger Beliebtheit, Steuererklärungen werden automatisch digital angefertigt und müssen nur noch abgesegnet werden und sämtliche Gesundheitsdaten werden online gespeichert. Theoretisch ist das natürlich auch für Deutschland möglich, sofern drei große Aufgaben gemeistert werden: sämtliche Sicherheitslücken müssen geschlossen, die Usability für jeden Bürger optimiert und die Vorteile besser kommuniziert werden. Bis dahin bleiben in vielen Fällen nur Papierkrieg und lange Vormittage in Wartezimmern.

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