Für eine Handvoll Nuggets – Wenn Unternehmen viral gehen

Zwei aktuelle Beispiele zeigen, wie soziale Netzwerke Unternehmen helfen können. Oder ihnen massiv schaden.

Wir müssen an dieser Stelle nicht erklären, warum Unternehmen beinahe ausnahmslos auch in den sozialen Medien stattfinden und stattfinden sollten. Selbst die ausgeklügeltste Werbekampagne kommt nicht an den Kanälen vorbei, die Facebook, Twitter und Co bieten. Social Media Teams sorgen in großen Firmen zumindest noch so lange für den direkten Kundenkontakt, bis irgendwann Bots vielleicht ihre Aufgaben an der „Front“ übernehmen können. Der nächste virale Hit ist im Zweifelsfall nur einen Klick entfernt, was bedingt, dass gerade große Konzerne ihre Kunden mittlerweile gleichzeitig umgarnen und fürchten. Zwischen PR-Coup und PR-Desaster liegen manchmal nur 140 Zeichen.

Die amerikanische Fast-Food-Kette Wendy’s hat’s geschafft. Sie ist derzeit zumindest in den USA in aller Munde und was könnte ein Unternehmen, das vornehmlich Burger, Pommes und ähnliches verkauft, mehr wollen? Der Grund ist ein einziger Tweet. Ein 16-jähriger hatte das Unternehmen angeschrieben und gefragt, ab wie vielen Retweets er ein Jahr lang kostenlos Chicken Nuggets erhalten würde. Wendy’s kurze, nonchalante Antwort „18 Millionen“ konterte der Schüler noch mit einem selbstbewussten „so gut wie erledigt“ und traf damit offenbar einen Nerv.

2,4 Millionen Retweets, einen Hashtag (#nuggsforcarter) und eine Website mit eigenem Shop für die Kampagnenshirts später, schicken sich der junge Mann und natürlich die Fast-Food-Kette an, zum erfolgreichsten Tweet aller Zeiten zu werden. Derzeit sind nur noch Ellen DeGeneres Oscar-Selfie mit 3,3 Millionen und One Direction Mitglied Louis Tomlinson mit 2,46 Millionen Retweets vor dem Hähnchen-Enthusiasten. Die 18 Millionen wird er wohl nicht erreichen, nachdem aber vom Gouverneur Nevadas, über Topmodels, Musikern, YouTubern bis hin zu Konzernen wie Google, Amazon, Microsoft und Twitter selbst derzeit gefühlt jeder Mensch mit Twitteraccount auf den Erfolgszug aufspringt, um zumindest ein kleines bißchen von der Aufmerksamkeit abzubekommen, steht zumindest dem Rekord nur noch wenig im Wege. Am meisten profitiert davon natürlich Wendy’s, die quasi ohne Budget versehentlich eine Riesenkampagne aus dem Ärmel geschüttelt haben und sich in ihrem hart umkämpften Segment derzeit von der Konkurrenz abheben und positiv wahrgenommen werden. Natürlich profitiert aber auch der Schüler, dem mittlerweile die CEOs großer Mobilfunkanbieter öffentlich kostenlose Nuggets für einen Netzwechsel anbieten, während United Airlines verspricht, ihn zu der Wendy’s-Filiale seiner Wahl zu fliegen.

Ob letztere ihr Versprechen halten werden, wird sich zeigen. Im Moment lernt die amerikanische Fluggesellschaft nämlich die Schattenseiten der sozialen Medien kennen. Dabei hätte United gewarnt sein können, schließlich sorgte das Unternehmen bereits im März für einen veritablen Shitstorm, als bekannt wurde, dass zwei minderjährigen Mädchen der Zugang zu einem United-Flugzeug verwehrt wurde, weil sie Leggings trugen. Die Entschuldigung der Airline, dass es sich bei den Mädchen um Angehörige eines Mitarbeiters handelte, die durch ihre Kleiderwahl gegen den Dresscode des Unternehmens verstießen, war kaum veröffentlicht, da kam es zu dem nächsten, noch deutlich schlimmeren Zwischenfall.

Ein Reisender wurde gewaltsam und auf Anordnung von United durch Polizisten aus einem Flugzeug gezerrt, weil er sich geweigert hatte, nach einer Überbuchung auf seinen bezahlten Platz zu verzichten. Mitreisende filmten den blutenden Mann und das aggressive Verhalten von Crew und Polizei. Soweit so unglücklich für United. Die wirkliche Imagekatastrophe für die Fluggesellschaft allerdings ist nun das Nachspiel auf Twitter. Dort finden sich nicht nur die Handyvideos der Fluggäste, sondern auch massive Kritik und Häme unter dem Hashtag des Unternehmens. Inzwischen berichten auch die Medien über den Zwischenfall und unter #NewUnitedAirlinesMottos haben bisher fast Zweihunderttausend Nutzer mal mehr, mal weniger lustig den Slogan der Gesellschaft aufs Korn genommen. Die uninspirierte und nichtssagende Entschuldigung des Vorstandschefs wird da wenig helfen das PR-Desaster abzumildern.

Diese beiden aktuellen Fälle zeigen exemplarisch, welche Rolle die sozialen Netzwerke in die eine oder andere Richtung spielen können. Nur wenigen Unternehmen gelingt vermutlich ein derartiger und nicht planbarer Coup wie Wendy’s und natürlich liegt das Problem im Falle von United Airlines zuallererst im Verhalten der Mitarbeiter vor Ort und nicht beim Social Media Team. Trotzdem sollten gerade große Unternehmen die sozialen Medien nicht nur als kostenlos Werbefläche oder ärgerliches „Must-Have“ betrachten, sondern als das was sie sind: der direkte Kontakt zu Kunden und Kritikern gleichermaßen und ein Ort, der wenig vergibt und nichts vergisst.

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