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Hoods GmbH
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Das internationale politische Umfeld war schon lange nicht mehr so unsicher, Menschen fühlen sich von Regierungen allein gelassen und vertrauen immer weniger in die klassischen Medien. Gleichzeitig ist ein neues gesellschaftliches Gewissen erwacht. Menschen machen sich weltweit für politische, soziale und nachhaltige Themen stark. Dieser neu entstandene Aktivismus überträgt sich in alle Lebensbereiche der Menschen und macht auch vor ihrem Kaufverhalten keinen Halt.
Mehr denn je assoziieren Konsumenten mit Marken Werte und Haltungen und erwarten von Unternehmen, dass diese für Werte einstehen, das Richtige tun und aktiv helfen gesellschaftliche Probleme zu lösen. Egal ob es um Eiscreme, Schuhe oder Rasierer geht – die Haltung einer Marke zu gesellschaftlichen Themen spielt heute eine ebenso wichtige Rolle bei der Kaufentscheidung wie die Qualität der Produkte.
Dass diese Priorisierung von Werten bei der Kaufentscheidung ein globaler Trend ist, zeigen die Ergebnisse der repräsentativen Studie „Earned Brand 2018“ von Edelman Intelligence.
Die jährliche Studie betrachtet, wie Marken ihre Beziehung zu Konsumenten schützen und stärken können. Für die neueste Studie wurden 8.000 Konsumenten aus allen Alters- und Einkommensgruppen aus Brasilien, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Japan, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten befragt.
Richard Edelman, Präsident und Executive Officer
Die neuesten Studienergebnisse bestätigen die Erkenntnisse der Earned Brand Study 2017. Das sogenannte „Belief-driven buying“, der von Werten getriebene Kauf von Produkten oder Dienstleistungen, ist zum weltweiten Mainstream geworden.
„Belief-driven buying“ hat jedoch nicht nur auf die finale Kaufentscheidung Einfluss. Konsumenten sympathisieren immer mehr mit Marken, welche die gleichen Werte vertreten wie sie selbst. Im Umkehrschluss heißt dies, dass Marken, die gegensätzliche Werte vertreten oder keine Stellung zu gesellschaftlich relevanten Themen beziehen, von Konsumenten abgestraft werden. Laut Mark Renshaw, Global Head von Edelman, werden Marken, welche zu relevanten gesellschaftlichen Themen keine klare Position beziehen, zukünftig im „No Brand’s Land“ enden. Keine Stellung zu beziehen ist für Unternehmen also keine Option mehr.
Der internationale Markt verändert sich rasant und von Grund auf durch den Anstieg der sogenannten „Belief-driven buyers“. Fast zwei drittel aller Konsumenten wählen, wechseln oder boykottieren eine Marke basierend auf ihrer Haltung zu gesellschaftlichen Themen.
Weiterhin gaben 54 % der Teilnehmer der „Earned Brand Study 2018“ an, dass es einfacher ist Marken zum Handeln zu bewegen als Regierungen. Dies zeigt, dass Unternehmen jenseits ihrer klassischen operativen Interessen operieren müssen um Verfechter einer besseren Gesellschaft zu werden. Diese neue Erwartungshaltung an Marken ist abhängig von der Fähigkeit und Bereitschaft von Marken ihre Werte zu leben, mit Sinnhaftigkeit zu operieren und wenn nötig, keine Scheu vor Aktivismus zu zeigen.
Das neue Vertrauen an Marken geht aber noch weiter als ein Verlangen nach einer klaren Haltung. 53 % der Befragten glauben, dass Marken mehr als Regierungen tun können, um soziale Probleme zu lösen. Weitere 46% denken, dass Marken bessere Ideen als Regierungen haben um mit Problemen umzugehen.
Unternehmen müssen dieses Vertrauen auch als Verpflichtung gegenüber Konsumenten verstehen. Die Frage ist nicht ob, sondern wie Marken diese neue Verantwortung annehmen und wie sie Werte in jedem Unternehmensbereich, von der Produktion bis zur Kommunikation, leben. Doch wie können Marken erfolgreich und authentisch Stellung beziehen?
Auf diese Frage gibt die „Earned Brand Study 2018“ Markenverantwortlichen drei Tipps an die Hand:
Der erste Schritt zu einer authentischen Politisierung der eigenen Marke ist laut Edelman’s Studie die passenden Werte zu definieren, für die eine Marke einstehen will. Auch sollte man in diesem initialen Schritt entscheiden, wie viel Risiko man als Unternehmen eingehen kann. Außerdem sollte überdacht werden in welchen Medien und wie die Werte kommuniziert werden sollen. Im ersten Schritt sollten Markenverantwortliche diese drei Faktoren in ihre Überlegungen mit einbeziehen:
Zweck
Formuliere genau, zu welchem Zweck deine Marke existiert und leite proaktiv Schritte ein, um diesen Zweck zu erfüllen.
Kultur
Verbinde Markenwerte und relevante gesellschaftliche und politische Probleme authentisch miteinander.
Aktivismus
Sprich kontroverse Probleme an, die direkten Einfluss auf deine Marke und/oder deren Interessenvertreter haben.
Im zweiten Schritt sollte eine effektive Strategie entwickelt werden, die definierten Werte nach außen zu tragen und in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Eckpfeiler dieser Strategie sollte eine bewegende Geschichte sein, die durch alle Kommunikationskanäle hindurch erlebbar gemacht wird. Außerdem sollte in diesem Schritt die Community einer Marke aktiviert werden. Besonders effektiv hierfür sind Word-of-Mouth-Kommunikation sowie Influencer Marketing, da diese Marketing-Disziplinen Überzeugungskraft und Authentizität vereinen.
Der dritte und letzte Schritt zu einer holistischen und authentischen Politisierung der eigenen Marke ist der wohl schwerste: Es gilt, sich als Marke selbst treu zu bleiben. Laut Amanda Glasgow, Brand Community Chair von Edelman, sollten Marken sich nicht um jeden Preis in eine bestimmte Richtung drängen lassen, nur weil diese als die „Richtige“ propagiert wird. Das heißt auch, sich nicht davor zu fürchten einen Teil der Konsumenten durch gelebte Werte zu vergraulen. Wenn Marken ihre ureigensten Werte in Handlungen umsetzen laufen sie immer Gefahr Teile ihrer Käuferschaft zu verlieren. Doch mit den verbleibenden Kunden wird so eine nachhaltige und engere Bindung aufgebaut, die auf gemeinsamen Überzeugungen aufbaut.
Als neuestes Beispiel dafür, wie sensibel die Politisierung von Marken angegangen werden muss ist die „The Best Men Can Be“ Kampagne von Gillette. Der Anfang 2019 gelaunchte Kampagnen TV-Spot hatte vor allem deutlich mehr negative als positive Reaktionen erhalten.
In dem Spot wird gegen die sogenannte „toxic masculinity“ Stellung bezogen. Im Zuge der Kampagne hatte Gillette seinen bekannten „Für das Beste im Mann“ Claim in den neuen Slogan umgewandelt und weitreichende Veränderungen im Unternehmen angekündigt. Auf der Kampagnen-Website Thebestmencanbe.org verspricht Gillette, Stereotype aus seiner gesamten Kommunikation zu verbannen. Außerdem will das Unternehmen in den USA mit wohltätigen Organisationen zusammenarbeiten. Soweit sogut. Doch wieso wurde der Spot von Medien, Marketingexperten und Konsumenten zugleich kritisiert?
Zum einen wurde die Kampagne von den meisten als unglaubwürdig aufgenommen, da Gillette zuvor weder Corporate Social Responsibility im Allgemeinen, noch Gender Equality im Speziellen in irgendeiner Art und Weise zur Priorität gemacht hatte. Außerdem ist schon länger bekannt, dass sich das Unternehmen, welches zur Procter & Gamble Familie gehört, immer stärkerem Wettbewerb durch Billiganbieter ausgesetzt sieht. Der neueste Schritt des Unternehmens kann daher als Versuch verstanden werden, sich durch die Unterstützung relevanter gesellschaftlicher Themen zu stärken. Dieser gesellschaftliche Einsatz, basierend auf rein unternehmenseigenen Zielen, wird von Konsumenten schnell enttarnt und widerspricht den Hauptfeilern der erfolgreichen Politisierung, Authentizität und Kontinuität.
Die Ergebnisse der „Earned Brand Study“ der letzten beiden Jahre, sowie Bemühungen vieler Unternehmen weltweit haben gezeigt, dass „Belief-driven buying“ mehr als ein Trend ist und die Beziehung zwischen Menschen und Marke nachhaltig verändern wird.
Ausgehend von den Veränderungen der letzten Jahre darf davon ausgegangen werden, dass Marken weiterhin mehr Verantwortung übernehmen und einen neuen Platz in der Gesellschaft einnehmen werden – weg von reinen Produzenten und Dienstleistern hin zu Treibern von positiven gesellschaftlichen Veränderungen. 2019 wird ein weiterer Schritt auf diesem Weg der Selbstfindung von Marken werden und es bleibt abzuwarten, wie Unternehmen ihre neu gefundene Verantwortung in Kampagnen und vor allem Taten übertragen werden.