Nur bedingt sozial – Social Media und der Umgang mit Katastrophen

Nirgendwo verbreiten sich Nachrichten schneller, als über die sozialen Netzwerke. Das kann von Vorteil sein. Bringt aber auch das ein oder andere Problem mit sich.

Die sozialen Netzwerke spielen auch und gerade in Zeiten, in denen schreckliche Ereignisse, wie Terroranschläge und Amokläufe, zumindest gefühlt zunehmen, eine gewichtige Rolle. Leider oft nicht im positiven Sinne. Obwohl eigentlich alle Möglichkeiten gegeben wären.

Facebook, das weltgrößte soziale Medium, hat bereits 2011 den Safety Check eingeführt. Dieses Tool soll es Nutzern erlauben, einerseits Freunde und Verwandte zu beruhigen und andererseits eben im Gegenzug zu überprüfen, ob sich alle Angehörigen in Sicherheit befinden. Gedacht war dieses Feature eigentlich ursprünglich nur für Naturkatastrophen. Bei den schlimmen Anschlägen in Paris im November 2015 schaltete Facebook den Safety Check allerdings erstmals auch für eine von Menschen absichtlich herbeigeführte Tragödie frei und erntete dafür neben Zustimmung auch einige Kritik. Nutzer bemängelten, dass der Konzern sein Tool zwar für Europäer eingesetzt hatte, für kurz zuvor stattfindende Anschläge im Libanon und dem Irak aber nicht.

Seit 2015 wurde der Safety Check auch im Rahmen weiterer Terrorangriffe aktiviert.

Auch die Nutzer sozialer Netzwerke reagieren über Facebook und Co. auf schlimme Zwischenfälle. Natürlich ist es dabei richtig, dass ein verändertes Profilbild oder der Hashtag #prayfor… letztendlich nichts ändern. Als kleine Geste der Solidarität eignen sie sich aber trotzdem und wenn der Einzelne in Zeiten der Hilf- und Verständnislosigkeit diesen Weg wählt, um seiner Trauer Ausdruck zu verleihen, spricht wohl erstmal relativ wenig dagegen.

Aber auch für Aktionen, die tatsächlich Resultate hervorbringen, lassen sich die sozialen Medien nutzen. Nach den Anschlägen in Manchester und Dortmund (der glücklicherweise vergleichsweise harmlos verlief) trendeten die Hashtags #roominmanchester bzw. #bedforawayfans, über die Anwohner Betroffenen einen Platz zum Verweilen oder sogar Übernachten anboten. Bereits beim Amoklauf in München stellten Unbeteiligte Passanten über Twitter einen Unterschlupf zur Verfügung. So werden die Netzwerke tatsächlich „sozial“.

Für die Polizei ist Social Media wiederum eine gute und schnelle Möglichkeit, die Bevölkerung zu informieren und eventuell sogar zu warnen. Das Verhalten der Polizei München während des Amoklaufs von 2016 wird hier immer wieder als musterhaft hervorgehoben.

​Leider, und hier kommen wir zur unvermeidlichen Kehrseite der Medaille, werden gerade in Zeiten schrecklicher Vorkommnisse die sozialen Medien auch auf’s Schlimmste missbraucht. Das beginnt bei Politikern, die bereits wenige Minuten nach der ersten Meldung eines (wie auch immer gearteten) Zwischenfalls in den Wahlkampfmodus schalten und das Leid anderer Menschen für ihre eigene Agenda ausschlachten. Dazu kommen Menschen mit großem Mitteilungsbedürfnis, die direkt mit absurden Verschwörungstheorien aufwarten, ganze Menschen- oder Religionsgruppen diffamieren oder Falschmeldungen in die Welt setzen und so der Polizei die Arbeit erschweren. Ganz besonders Skrupellose melden sogar völlig Unbeteiligte, teils aus anderen Städten oder sogar Kontinenten, als vermisst. Wertvolle Ressourcen werden so immer wieder auf die Dreistigkeit irgendwelcher Idioten verschwendet.​

Netzwerke wie Facebook und Twitter sind ein bedeutender Teil des Alltags vieler Menschen. Da ist es nur folgerichtig, dass auch in Zeiten von Terror oder Katastrophen die sozialen Medien eine gewichtige Rolle spielen. Im Guten, wie im Schlechten. Richtig angewendet erleichtern sie die Arbeit der Behörden, informieren die Bevölkerung und helfen vielleicht sogar Betroffenen. Im schlimmsten Fall verbreiten sie Hass, stärken Vorurteile und Behindern die Einsatzkräfte. Von daher demnächst vielleicht lieber erstmal abwarten, die Polizei ihre Arbeit machen lassen und so lange ruhigbleiben bis es gesicherte Informationen gibt. Auch danach ist natürlich von Diffamierungen und Verschwörungstheorien abzusehen. Gegen ein neues Profilbild oder einen Solidaritätshashtag spricht aber nichts.

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