Völlig wertfrei – Wo Onlinebewertungen an ihre Grenzen stoßen

Im Idealfall gibt es kaum eine befriedigendere Symbiose, als die zwischen Kunde und Dienstleister. Lachende Gesichter allenthalben, zufriedene Menschen und Vorfreude auf eine baldige Wiederholung oder zumindest Erleichterung, dass es am Ende doch alles nicht so schlimm war.

Leider läuft es allerdings eher selten ideal und war man als Kunde früher auf Empfehlungen und Mundpropaganda angewiesen, surft man heutzutage zunächst auf ein Bewertungsprofil und überprüft dort was der Arzt, das Restaurant oder der Klempner nach Meinung der bisherigen Kunden so zu bieten hat. Das ist erstmal eine gute Entwicklung, vermittelt sie doch zumindest den Anschein einer gewissen Sicherheit. So hilfreich das auch sein mag, so schnell wird leider auch Schindluder mit den Bewertungen getrieben.

Gerade das Ärzteportal Jameda steht in dieser Hinsicht derzeit wieder im Fokus. Eine Ärztin wehrte sich vor dem Bundesgerichtshof dagegen auf dem Portal geführt zu werden, obwohl sie selbst kein Profil dort angelegt hat. Ihr ging es dabei nicht nur um die Löschung einiger schlechter Bewertungen, die sie für unzutreffend und ungerecht hielt, sondern um das grundsätzliche Konzept des Portals. Jameda unterscheidet nämlich zwischen normalen und Premium-Profilen. Über letztere finanziert sich das Portal, betont aber, dass diese Tatsache keine Auswirkungen auf die Bewertung bzw. das Ranking der entsprechenden Praxis hat. Bezahlte Profile ermöglichen es Ärzten dabei z.B. ein Foto zu hinterlegen, außerdem wurden bisher Profile von zahlenden Ärzten als Werbung auf kostenlosen Profilen angezeigt. Die klagende Ärztin zweifelte nun an, dass Profile tatsächlich neutral bewertet und gelistet werden und sah für sich einen klaren Wettbewerbsnachteil. Das Gericht gab ihr nun recht und Jameda wird ab sofort keine Werbung anderer Ärzte auf kostenlosen Profilen mehr zeigen.

Aber auch in anderen Branchen wehren sich Unternehmen gegen den Zwang sich bewerten lassen zu müssen. Besonders bekannt wurde deswegen ein kalifornisches Bistro bzw. das vermeintlich schlechteste Restaurant der Welt. Die findigen Inhaber des Etablissements baten ihre Kunden nämlich um eine möglichst negative Rezension beim Bewertungsportal Yelp. Zeitweise gingen sie sogar noch weiter und boten eine Rabattaktion für diejenigen Gäste, die das Bistro mit nur einem Stern bewerteten. Einlösen konnte man die Ermäßigung durch die Vorlage eines Screenshots der schlechten Kritik, da Yelp selbst offenbar dagegen vorging, die negativen Bewertungen des Restaurants löschte und somit letztendlich sein eigenes Konzept ad absurdum führte, vor allem weil gleichzeitig unzufriedene Gäste plötzlich anfingen die Gaststätte aus Wut gut zu bewerten.

Die Aktion ist zum einen natürlich eine so simple wie geniale (und vor allem quasi kostenlose) Marketingkampagne (wovon die Inhaber auf ihrer Website auch keinen Hehl machen), zum anderen aber auch als ganz klare Kritik an Yelp zu verstehen. Als echte italienische Köche mit jahrzehntelanger Erfahrung verstehe man sein Handwerk und könne gut auf die Meinung undankbarer Kunden und Besuche von Zweiflern verzichten. Wem etwas nicht passe, der solle doch bitte einfach woanders hingehen, so die Besitzer. Auch die Mails, in denen Yelp dem Restaurant mit Konsequenzen droht, haben sie online gestellt und mit einigen Kommentaren und Antworten tief unter der Gürtellinie garniert. Entgegen der Prognosen seitens Yelp brummt das Geschäft offenbar trotz oder besser durch die negative Kritik (und vermutlich die unzähligen Berichte über das Lokal).

Auch in Deutschland bewahrheitete sich die Binsenweisheit, dass selbst schlechte Presse gute Presse ist. Neu-Gastronom, Fußball-Weltmeister und Ur-Kölner Lukas Podolski bezahlte einen hämischen Tweet nach dem Sieg seines FC gegen den Rivalen Gladbach mit unzähligen negativen Kritiken über seinen neueröffneten Döner-Imbiss. Gerade die wenig kaschierten Anspielungen auf die Vereinszugehörigkeit des prominenten Besitzers ließen aber erkennen, dass es hier weniger um Hygienemängel oder trockenes Fleisch und vielmehr um gebrochene Fanherzen ging. Podolski stellte die Kommentarfunktion kurzerhand ab. Dass als Fußballer das Kontern zu seinen Talenten zählt, stellte er allerdings mit dem Spruch „Ein Stern ist aber immer noch besser als null Punkte.“ noch eindrucksvoll unter Beweis.

Fälle wie diese zeigen dann auch exemplarisch die Problematik mit Onlinebewertungen auf: gut gemeint und im besten Falle hilfreich sind die Portale sicher, aber eben leider auch anfällig für allerlei Fallstricke. So bleibt einem im Endeffekt nur der Selbstversuch. Falls es ein Reinfall wird, bringt man die Tastatur dann eben selbst zum Glühen.

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